Eigentümerversammlung im Freien während der COVID-19 Pandemie?

Angesichts pandemiebedingter Einschränkungen für Zusammenkünfte von Menschen aus verschiedenen Haushalten soll eine Eigentümerversammlung unter freiem Himmel zulässig sein.

Leitsätze aus NJW-Spezial, 2020, 643

AG Berlin-Wedding, Urt. v. 13.7.2020, Az. 9 C 214/20

Absage einer Eigentümerversammlung während der COVID-19 Pandemie

Eine am Tag der Einladung noch zulässige, später aber aufgrund entsprechender gesetzlicher Vorgaben unzulässige Versammlung abzusagen, entspricht ordnungsmäßiger Verwaltung.

LG Meiningen, Beschl. v. 04.08.2020, Az. 4 T 119/20

Vertragsstrafen im WEG („Vögel füttern“)?

  1. Der Beschluss einer Wohnungseigentümerversammlung, für jedes verbotswidrige Vogelfüttern eine Vertragsstrafe von 400 Euro festzusetzen, ist evident nichtig, da § 21 Abs. 7 WEG keine Beschlusskompetenz enthält, mit Mehrheitsbeschluss eine Vertragsstrafenregelung einzuführen.
  2. Da nichtige Beschlüsse ipso jure keine Wirkungen entfalten, besteht grundsätzlich kein Vollzugsinteresse der Gemeinschaft, das ein einstweiliges Aussetzungsinteresse des betroffenen Eigentümers begründen könnte.
  3. Ausnahmsweise kann die einstweilige Aussetzung evident nichtiger Beschlüsse aber aus deklaratorischen Gründen erfolgen, wenn nicht ausgeschlossen ist, dass versucht wird den Beschuss zu vollziehen und dadurch der Antragsteller erheblichen Zahlungsforderungen ausgesetzt wäre.

LG Frankfurt/Main, Beschl. v. 01.10.2020 Az. 2-13 T 64/20

Minderung bei Baulärm?

  1. Erhöhte Geräusch- und Schmutzimmissionen wegen der Errichtung eines Neubaus in einer Baulücke auf einem Nachbargrundstück stellen bei Fehlen anderslautender Beschaffenheitsvereinbarungen grundsätzlich keinen gem. § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB zur Mietminderung berechtigenden Mangel der Mietwohnung dar, wenn auch der Vermieter die Immissionen ohne eigene Abwehr- oder Entschädigungsmöglichkeit nach § 906 BGB hinnehmen muss.
  2. Allein die Vorstellung des Mieters über die Freiheit der Wohnung von Baustellenlärm führt zu keiner konkludenten Beschaffenheitsvereinbarung.
  3. Erforderlich ist zumindest, dass der Vermieter zustimmend reagiert.

BGH, Urteil vom 29.04.2020; Az. VIII ZR 31/18

Kein Härteeinwand trotz Schonfristzahlung

Der nach Widerspruch gegen eine ordentliche Kündigung unter den Voraussetzungen des § 574 Abs. 1 Satz 1 BGB gegebene Anspruch des Mieters auf Fortsetzung des Mietverhältnisses ist nach § 574 Abs. 1 Satz 2 BGB ausgeschlossen, wenn ein Grund vorliegt, der den Vermieter zu einer außerordentlichen fristlosen Kündigung berechtigt.

Dabei ist es nicht erforderlich, dass der Vermieter die außerordentliche Kündigung erklärt hat; es genügt, wenn dem Vermieter bei Zugang der ordentlichen Kündigung (auch) ein Recht zur fristlosen Kündigung zusteht.

BGH, Urt. v. 01.07.2020; Az. VIII ZR 323/18

Bye… Bye…Umzugskostenpauschale

Eine generelle Umzugskostenpauschale von 100,- € ist unangemessen hoch (vgl. LG Frankfurt, Urt. v. 01.11.2017 – 2 2-13 S 69/16).

AG Mitte (Berlin), Urt. v. 16.03.2020, Az. 26 C 5003/19

Eigenmächtiger Einbau von Ladestation für ein Elektroauto?

Der eigenmächtige Einbau einer Ladestation (Wall-Box nebst Aufputz-Verkabelung) für ein Elektroauto in der Tiefgarage einer WEG-Anlage stellt eine bauliche Veränderung dar. (…)

Bereits das Verlegen des Stromkabels und die Verbindung zu dem Hausanschlussraum stellen einen nicht unerheblichen Nachteil für die übrigen Eigentümer dar. (…)

Auch im Vorgriff auf § 20 Abs. 2 WEMoG muss das Verfahren weder ausgesetzt noch die Ladestation geduldet werden.

LG Düsseldorf, Urt.v. 04.08.2020, Az. 25 S 134/19

Abnahmeklauseln in Erwerberverträgen

Die von einem Bauträger in den Erwerberverträgen gestellte Klausel, wonach die Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch den TÜV erfolgt, benachteiligt die Erwerber unangemessen und ist unwirksam (entgegen OLG Dresden, IBR 2013, 82).

OLG Frankfurt, Urteil vom 02.10.2018 – 29 U 163/17

Verzugsschäden auch bei ungültiger Jahresabrechnung?

Wird ein Beschluss, der Beitragspflichten der Wohnungseigentümer im Sinne von § 16 Abs. 2 WEG begründet, rechtskräftig für ungültig erklärt, tritt diese Wirkung zwar insofern ex tunc ein, als feststeht, dass die Beschlussfassung nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entsprach; der Schuldgrund und damit der Verzug des säumigen Wohnungseigentümers entfällt aber erst durch den Eintritt der Rechtskraft des Urteils, mit dem der Beschlussanfechtungsklage stattgegeben wird, so dass bis dahin entstandene Verzugsschäden weiterhin ersetzt werden müssen.

BGH, Urteil vom 10.07.2020, Az. V ZR 178/19

Rückzahlungsanspruch bei ungültiger Jahresabrechnung?

Wird die Jahresabrechnung insgesamt oder teilweise für ungültig erklärt, können einzelne Wohnungseigentümer nicht die Rückzahlung der Abrechnungsspitze im Wege eines Bereicherungsausgleichs beanspruchen; vielmehr steht ihnen ein Anspruch gegen den Verwalter auf Erstellung einer neuen Jahresabrechnung für das betroffene Jahr zu, und von den übrigen Wohnungseigentümern können sie die Beschlussfassung hierüber verlangen.

Dieser „Vorrang der Jahresabrechnung“ gilt auch dann, wenn zwischen der Zahlung und der erneuten Beschlussfassung ein Eigentumswechsel stattfindet.

BGH, Urteil vom 10.07.2020, Az. V ZR 178/19